Laube zur schiefen Lage

Laube zur schiefen Lage

Online Viewing Room
Opening

Aug 27, 2021 8:00 PM

Closing

Sep 4, 2021 9:00 PM

Location

Cabaret Voltaire

Spiegelgasse 1

8001 Zürich

Mitwirkende Künstler
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Das Cabaret Voltaire auf dem Münsterhof, Zürich
27.08.2021–04.09.2021

Eine Zusammenarbeit zwischen dem Cabaret Voltaire und Benedikt Bock. Eingeladene Künstler*innen und Autor*innen: Johan Ahlkvist & Hedda Bauer, Karolin Braegger, Anne Fellner, Kasia Fudakowski, Marius Goldhorn, Johanna Kotlaris, Miriam Stoney, Claudia Stöckli & Raphael Stucky

Programm

Freitag, 27. August 2021:
20:00 Johan Ahlkvist & Hedda Bauer/Karolin Braegger
20:30 Johanna Kotlaris
21:00 Marius Goldhorn
21:30 Raphael Stucky & Claudia Stöckli

Samstag, 28. August 2021:
20:00 Miriam Stoney
20:30 Johan Ahlkvist & Hedda Bauer/Karolin Braegger
21:00 Benedikt Bock
21:30 Anne Fellner

Samstag, 4. September 2021 (Lange Nacht der Zürcher Museen):
20:00 Kasia Fudakowski
21:00 Johanna Kotlaris

Die Installation «Laube zur schiefen Lage» steht vom 27. August bis zum 4. September auf dem Münsterhof. Täglich zwischen 17:00 und 22:00 sind alle Arbeiten und Spuren der Beteiligten zu sehen. Bei Regen bleibt die Installation geschlossen.

Keine Anmeldung nötig.


Etwas verquer auf dem Münsterhof steht die «Laube zur schiefen Lage» – ein zusammengezimmertes Kunstobjekt, das zugleich als Ausstellungsfläche und Bühne dient. Es befindet sich in unmittelbarer Nähe zum Zunfthaus zur Waag, in dessen grossem Saal am 16. Juli 1916 die erste Dada-Soirée nach der Schliessung des Cabaret Voltaire stattfand. Damals erläuterten die Dadaist*innen ihre Zeichnungen, trugen Manifeste vor oder tanzten in Masken. Über 100 Jahre später bespielt das Cabaret Voltaire das Zunfthaus aus naher Distanz mit einer eigenen Bühne. Für den Zeitraum von knapp zwei Wochen wird die «Laube zur schiefen Lage» zu einem öffentlichen Ort im Spannungsfeld von antibürgerlichen Gesten und bürgerlicher Kultur, Weltbezug und Weltflucht, Gemeinschaftlichkeit und Individualität, dem Kleinen und dem Grossen.

Das Grundgerüst der «Laube zur schiefen Lage» stammt vom Künstler Benedikt Bock, der das Projekt gemeinsam mit dem Cabaret Voltaire konzipierte. An drei Abenden (27.08., 28.08. und 04.09.) zeigen eingeladene Künstler*innen, Autor*innen und Musiker*innen Kurzbeiträge. Es entsteht ein buntes Geflecht aus zeitgenössischen Narrativen, die direkt oder subtil, kritisch oder humorvoll das Menschsein in diesen allgemein schrägen Zeiten reflektieren. Im Fokus steht aber auch die Reflexion über das «Contemporary» als enge, normative ästhetische Praxis in der zeitgenössischen Kunst. Die «Laube zur schiefen Lage» spielt dabei besonders mit dem Genre der «Kleinkunst», worauf schon die Dadaist*innen mit dem «Cabaret» Bezug nahmen: Das Cabaret als ein gesellschaftskritischer (linker) Ort, der über die Unterhaltung hinaus- geht, und dabei die Grenzen der Hochkunst mitbefragt. Ausserhalb des White Cube zeigen sich gewisse Auseinandersetzung in einem anderen Licht und treffen auf ein breiteres Publikum. Die «Laube zur schiefen Lage» artikuliert sich in dieser Verschiebung und ermöglicht Raum für Zweifel. Kunstschaffen ist stets eng verbunden mit Verletzlichkeit und der Frage, was mitgeteilt wird oder verborgen bleibt.

Zu den Beiträgen und Spuren vom Freitag, 27. August:

Karolin Braegger fragt inmitten der Zunfthäuser und der effizienten Geschäftigkeit, was es heisst, zu «performen». Sie denkt in ihrer künstlerischen Praxis vom Begriff der Aneignung aus darüber nach, was es (noch) zu sagen gibt: sei es als Gastgeberin oder mit Malereien und Stoffobjekten, beispielweise der Arbeit Soso (2021) aus Toile, einem Textil, das meist zur Anprobe (Kleidung) oder als möglicher Hintergrund (Malerei) verwendet wird und sich während den Öffnungszeiten in der Laube entäussert. Als Host lädt Braegger Positionen ein, die ihre Interessen repräsentieren und ihre Arbeiten oder erweitern, wie das queere Powerplay Dynamic Resistance von Hedda Bauer und Johan Ahlkvist. In der Arbeit untersuchen die Künstler*innen mithilfe der Performer*innen Hilma Bäckström, Charlotta Öberg, Luca Büchler, Jessica Comis und Alexandra Paya Themen wie Unsichtbarkeit, inklusive Unterhaltung und exklusive Teilhabe. Die Kostüme, wovon eines in der Laube hängt, sind so gestaltet, dass sie den Raum widerspiegeln, zu dem sie Bezug nehmen – in diesem Fall das Cabaret Voltaire und den Münsterhof.

Die Zürcher Künstlerin Johanna Kotlaris zeigt Aware-Wolf, eine Weiterführung ihrer Performance-Serie The Fool: the Original Form of Things. In der Performance untersucht sie als tragisch komische Närrin, wie wir uns in der Begegnung mit der Welt, mit uns selbst und anderen definieren. Dabei teilt sie – durch Bewegung, Sprache und begleitet von Stefan Kägi am Piano – grosse Fragen: Inwiefern spiegelt sich das Selbst in unserer Begegnung mit dem Gegenüber? Welche Rolle spielen Scham und Schuld in der Definition des Ichs? Während der Öffnungszeiten hängen an der Hinterseite der Laube schwarzweisse Kleidungsstücke, die auf Fragen der Identität verweisen.

Marius Goldhorn, Autor des vielbesprochenen Romans Park, schrieb für die Laube den Vortrag Über den Aussterbenstrieb (August 2021). Themen des Textes sind das Aussterben, der Aussterbenstrieb und der Aussterbesinn. Er hinterlässt eine Keramik-Leber als Spur. Claudia Stöckli und Raphael Stucky ziehen in ihrem «Totentanz» die Auseinandersetzung mit Auflösung und Neuanfang weiter. Die Künstler*innen beginnen mit einem Knochenorakel, das eine Situation schafft, um über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu reflektieren. Dabei geht es auch um eine spielerische Bildfindung als Ausgangslage für klangliche Interpretationen: Die Künstler*innen schaffen einen fein gewobenen Soundteppich, teilweise verdichtet, dann wieder lose, Samples und Drones, mit kurz aufflammenden sphärischen MIDI-Keyboard–Klängen, Synthesizer-Rhythmen, Schritten im Kies, einem Krähendialog und E-Bass-Sound gestrichen mit einem Bogen. Das Orakel, das Stirnband-Klangspiel von Stöckli und die collagierten Lichtobjekte von Stucky bleiben für die Ausstellung zurück.

Organisiert mit Martina Mächler und Anastasia McCammon wurden Karolin Braegger, Hedda Bauer, Johan Ahlkvist und Kasia Fudakowski bereits im Rahmen von «Cracking Up and Staging Down» im April 2021 ins Cabaret Voltaire eingeladen. Aufgrund der Pandemie konnten die Performances damals nicht stattfinden.

Zu den Beitragen und Spuren vom Samstag, 28. August:

Miriam Stoney untersucht in ihrer Lesung verschiedene Ebenen des Spracherwerbs und geht der damit verbundenen Frage nach, inwiefern eine Sprache das Selbst aktiv prägt. «Deutschlernen ist anscheinend kein neutrales Unternehmen. So oft wurde ich in Deutschland darüber ausgefragt, warum ich diese historisch so problematische Sprache überhaupt sprechen wollte, dass ich irgendwann eine eigene politische Absicht für meine Bemühungen konstruieren musste». Das Plakat an der rechten Aussenseite der «Laube zur schiefen Lage» zeugt von ihrem Lernprozess.

Karolin Braegger, Johan Ahlkvist und Hedda Bauer setzen die Auseinandersetzung um Aneignung, Teilhabe und Exklusion fort (siehe Text vom Freitag, 27. August). So auch der Künstler Benedikt Bock, der gerade sein zweites Buch Vögel/ Birds bei Texte zum Nachdenken veröffentlicht hat. Der Text Sabine zeichnet die Geschichte um den fiktiven Zürcher Zeitungsverkäufer Urban Lenti, der von seiner Familie als Spezialfall bezeichnet wird, weil er für alles zu langsam ist. Lenti entwickelt sich zu einer Figur am Rand der Gesellschaft, die tagein tagaus das abstrakte Treiben an der Bahnhofstrasse beobachtet und zum Ende durch den Sturm «Sabine» mit einem antikapitalistischen Schauspiel belohnt wird.

Während den Lesungen und Performances hängt Anne Fellners Malerei im Hintergrund. Zwei Detektiv*innen sind schematisch abgebildet und verschmelzen mit den expressiven Spuren der Künstlerin. Das Gemälde korrespondiert mit der präsentierten nullten Episode TBH – a mysterious hypnotist on the loose aus der Ausstellungs- und Hörstückreihe The Bellermann Hypnotist, die im Projektraum Sangt Hipolyt in Berlin stattfindet. Die Protagonistin des Stückes ist eine nicht näher benannte Ermittlerin oder Detektivin; die Perspektive ist dem literarischen Subgenre des hard-boiled feminism sowie dem gothic thriller nachempfunden. Das fragmentarische Hörstück setzt sich aus verschiedenen literarischen Zitaten (u.a. von Charlotte Perkins Gilman oder Vladimir Nabokov) und Aussagen von Künstler*innen, Autor*innen und Psycholog*innen zusammen, die als Versatzstücke einer kriminologisch-künstlerischen Erzählung dienen.


Getränke und Speisen – im Belpaese:

Wir dürfen keine Getränke und Speisen verkaufen. Für unseren Gastauftritt auf dem Münsterhof arbeiten wir deshalb mit dem Belpaese (grünes Haus rechts neben dem Zunfthaus zur Waag) zusammen. Sie können dort Getränke Take Away bestellen.

Informationen zum Schutzkonzept:

Auflage für die Durchführung war eine Umzäunung des Areals. Damit können wir sicherstellen, dass nur zwei Drittel der Fläche genutzt werden und sich keine Menschenansammlungen bilden. Das Aufsichtspersonal behält sich vor, Besucher*innen am Eingang zurückzuweisen, sollte die Kapazität ausgelastet sein. Am Eingang finden Sie Desinfektionsmittel. Wir bitten Sie, genügend Abstand zu halten.

Externer Link:
https://www.cabaretvoltaire.ch/